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Die hier vorgestellten Mitschreibprojekte
haben ihren Ursprung in der Mailingliste "Netzliteratur",
wo unter dem Subjekt, das zum Titel des jeweiligen Projektes -
Ausnahme: "Webgespräch" - geworden ist,
Diskussionen geführt wurden. Die Initianten eines
Webprojektes frieren den momentanen Stand der Diskussion für
einen Augenblick ein und damit auch die Gemeinschaft, die sich bis
dahin mit dem Thread auseinandergesetzt hat, während die
Diskussion von Interessierten andernorts weiter geführt wird.
Der ersten Gemeinschaft war das Subjekt, der Gegenstand wichtig;
sie hat sich darum geschart, versammelt. Jetzt aber legt der
Initiant des Mitschreibprojektes einige Regeln für das
Wieder-verflüssigen des gefrorenen Textes und für die
Erweiterung der Gemeinschaft fest. Ein Anfang ist gemacht,
eine einfach angelegte Welt, mit der Grundlage zu einer eigenen
Geschichte entstanden. Diese Welt ist gemacht aus:
· Texten, welche das Materielle ausmachen, ·
Autoren, welche die Bewohner sind, · einer Umwelt, die
aus dem Web, HTML, FTP, PCs, MACs, URLs, Programmen, Verknüpfungen,
Netztechnik im allgemeinen besteht. Der gemeinsame
Gegenstand, das Schaffen von Etwas, steht im Mittelpunkt; das
Gemeinsame hat Priorität. Wo vorher lediglich ein Subjekt
gestanden hat, während der Thread schon in andere Bahnen
gelenkt worden war, steht jetzt das gemeinsame Interesse der "Bewohner"
die kleine Web-Welt zu gestalten, zu beleben und den eigenen
Horizont zu erweitern. Wer neu dazu kommt (als "Einwanderer"
oder "Ausserirdischer"), wird als Mitwirkender, als
Mitgestaltender willkommen geheissen und nicht als Konkurrent
eingestuft oder gar abgewiesen. Das Schreiben ist eine Lust
und dient nicht dem Zweck zu brillieren; da ist kein Gerangel um
Geldverdienen oder Imponieren. Das Schreiben, das
Web-Weltgestalten ist wichtig und nicht ein vielleicht einmal
exakt gefertigtes Produkt, das ja immer im Entstehen begriffen ist
und erst dann fertig ist, wenn keiner mehr Lust hat
weiterzuschreiben. Um das eigentliche Mitschreibprojekt herum
wird sehr viel mehr Text produziert als im Projekt selbst. Während
der Projekttext einen literarischen Anspruch hat oder haben kann,
fehlt letzterer dem das Projekt umfliessenden Text. Die
Mitschreiber gleiten von der einen Form zur anderen, vom Umgang
mit dem täglichen Wahnsinn in das literarisch-dichterische
Denken und Texten. Während des Web-Weltgestaltens
entsteht ein Geflecht, das aus Lebensfäden gemacht ist. Der
Mittelpunkt besagten Gewebes wird von der Idee, dem Gegenstand,
der Web-Welt gebildet. Und diesem Mittelpunkt, der nicht
austauschbar ist, gilt das gemeinsame Interesse der Menschen, die
ihre Lebensfäden sprechend und handelnd in das Gewebe
verweben und damit das bereits Vorgewobene so verändern, wie
die Fäden, mit denen sie dabei in Berührung kommen, verändernd
auf sie wirken. Das gemeinsame Interesse am Mittelpunkt, an der
Web-Welt ist der Stifter der Bezüge zwischen den Menschen. Gäbe
es das gemeinsame Projekt nicht, hätten sich die Lebensfäden
der Menschen nie berührt und das Gewebe hätte sich nicht
bilden können. Die Besorgnis der Menschen gilt dem
Mitschreibprojekt, dem Mittelpunkt, zu dessen Wohl sie miteinander
sprechen und handeln. Durch das Miteinanderhandeln und
-sprechen, das in diesem Fall ein Miteinandergestalten und
Einanderschreiben ist, offenbaren Menschen, wer sie sind und
zeigen aktiv die Einzigartigkeit ihres Wesens. Wenn ein
Mitschreibprojekt tot ist, weil keiner mehr weiter schreibt,
bleibt der Text, die geschaffene Web-Welt, wenn auch ohne
Einwohner, erhalten; der Text, die Web-Welt hat eine Geschichte
und damit verknüpft ist die Geschichte des einzelnen "Ab-"
oder "Auswanderers"...
Zofingen, den 13.
Dezember 2000
Die vorgestellten Mitschreibeprojekte sind:
Webgespräch
Shattered
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